Oldenburg. Wie geht man damit um, wenn der eigene Großvater eine Berühmtheit ist, und eine umstrittene dazu? Diese und andere Fragen stellt Inge von Danckelman in ihrer Diskussionsrunde zum Thema „Der Mensch in seinem Widerspruch“: August Hinrichs und Franz Radziwill – zwei norddeutsche Künstler in der NS-Zeit.

Zu sehen ist die Gesprächsrunde am 31. März um 20.00 Uhr im Fernsehprogramm des Senders OEINS in der Reihe LAND.schafft.KULTUR. Im Gespräch –
Ein Gemeinschaftsprojekt der Oldenburgischen Landschaft und OLDENBURG EINS.

Teilgenommen haben Natalie Radziwill und Dirk Hinrichs mit ihrer persönlichen Sicht als Enkel dieser bekannten Persönlichkeiten sowie die Kunstwissenschaftlerin Birgit Denizel und der Historiker Dr. Dietmar von Reeken als Experten mit einer distanzierten Sicht.


von links nach rechts: Inge von Danckelman, Natalie Radziwill, Dirk Hinrichs, Birgit Denizel, Dr. Dietmar von Reeken. Foto: Oeins.

Worum geht es?
Zu Beginn des Gesprächs stellen die Enkel der Künstler das Leben und Wirken ihrer Großväter in einem kurzen Filmbeitrag vor. Diskutiert wird danach über die Ambivalenz von Künstlerbiografien in der NS-Zeit, über Lebensgeschichten mit Umwegen, über den Menschen in seinem Widerspruch und darüber, was das für die heutige Zeit bedeutet. Dabei geht es nicht darum, jemanden rein zu waschen oder jemanden anzuklagen. Es geht vielmehr um das Verstehen, aber auch um das Anerkennen, dass nicht alles zu verstehen ist.

Sowohl der Maler Franz Radziwill als auch der Schriftsteller August Hinrichs haben sich anfänglich für den Nationalsozialismus begeistert und durchaus auch von ihm profitiert. Der eine wurde zum Professor der Düsseldorfer Kunstakademie, der andere zum Landesleiter der Reichsschriftumskammer für den Gau Weser-Ems ernannt.

Die Enkel gehen zwar offen mit dem Thema der NS-Vergangenheit um, bedauern es aber, wenn das Leben und Wirken ihrer Großväter darauf reduziert wird.

Auch grundsätzliche Themen, wie die Benennung von Straßen, öffentlichen Plätzen und Einrichtungen nach Personen, die eine strittige Stellung im Nationalsozialismus hatten werden angesprochen und die Frage gestellt, ob man den Menschen vom Kunstwerk trennen kann.

Die Debatte zeigt, dass nicht auf der einen Seite das Dunkle und Schlechte und auf der anderen Seite das Helle und Gute steht. Oder wie Florian Illies sagt: die Grauzone ist auch weiterhin der bevorzugte Aufenthaltsort der Wirklichkeit. Das ist gerade bei dieser Thematik schwer auszuhalten, weil man damit zwischen allen Stühlen sitzt. Vertrauen wir unserem eigenen Urteil. Wenn wir das machen, werden wir der Kunst und der Geschichte gerecht und dann können wir uns auch wieder der Kunst zuwenden.

Sendedaten:

31.03.2023, 01.04.2023 und 02.04.2023 jeweils um 20.00 Uhr
und anschließend in der Mediathek von Oeins
im YouTube-Kanal von Oeins
und auf der Website der Oldenburgischen Landschaft

 

Zu den Diskussionsteilnehmer*innen:

Natalie Radziwill
Kunsthistorikerin, seit 20 Jahren im Kunsthandel und für das traditionsreiche englische Auktionshaus Christie‘s die Repräsentantin in Frankfurt. Sie ist die Enkelin des Malers Franz Radziwill (1895-1983).

Dirk Hinrichs
Sprecher der August-Hinrichs-Erbengemeinschaft und Enkel des Schriftstellers August Hinrichs (1879-1956).

Birgit Denizel
Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin. 14 Jahre hat sie die wechselnden Ausstellungen im Franz-Radziwill-Haus in Dangast kuratiert und 2021 hat sie das umfassende Werkverzeichnis RADZIWILL IN OLDENBURG verfasst.

Dr. Dietmar von Reeken
Professor für Geschichtsdidaktik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Er hat die 2013 veröffentlichte Wissenschaftliche Untersuchung der Straßennamen der Stadt Oldenburg zusammen mit Juniorprofessor Dr. Malte Thießen geleitet. Dabei ging es um die Frage, inwieweit Personen, die in Oldenburg durch Straßennamen geehrt werden, mit dem nationalsozialistischen Regime verstrickt waren.

Konzept und Moderation: Inge von Danckelman