Wir laden Sie herzlich ein zur kommenden öffentlichen Führung durch die aktuelle Ausstellung „Familie. Freunde. Fremde.“ im Franz Radziwill Haus am

Sonntag, 6. November um 11.30 Uhr


Als „Bild des Monats“ betrachten wir dieses Mal den Mann mit rotem Schlips von 1970:

Bis heute sind Hochformate üblich für Porträts – aber eine so schmale Leinwand wie die vom Bildnis „Mann mit rotem Schlips“ fällt auf. Das Bild ist etwa doppelt so hoch wie breit. Dabei wirkt das Motiv auf den ersten Blick sehr ruhig und konventionell: Ein älterer Herr, ordentlich mit Sakko, Weste und Fliege gekleidet, sitzt in einem Innenraum; neben ihm eine Blume, hinter ihm ein Fensterausblick. Mit dem ungewöhnlichen Format gibt Radziwill dem Bildnis aber eine besondere Dynamik, zumal er die Vertikale im Bild wiederholt: Der Blick des Mannes führt nach unten, anstatt zu uns; die Nelke wächst mit langem Stiel empor und die breite gelbe Fensteröffnung ist nach oben offen. Schließlich hat Radziwill an der ganzen rechten Seite des Bildes ein rotgestreiftes Muster eingefügt, das fast wie ein Vorhang leicht schräg in das Bild hineinragt. Obwohl alles Dargestellte stillsteht, bekommt das Bild so eine innere Spannung – das Auge wird immer weitergeleitet. Genauso fügt Radziwill auch andere Elemente ein, die dem Gewöhnlichen etwas Merkwürdiges verleihen: Warum schaut der Mann uns nicht an? Was will die leere Eierschale bedeuten, aus der mitten im Bild die Nelke herauswächst? Auch ist umstritten, wen der namenlose Mann überhaupt darstellt: Manche meinen, es sei ein Selbstporträt des 75-jährigen Malers. Mehr Ähnlichkeit besteht aber zu seinem Dangaster Nachbarn Dietrich Busch. Er ist im Gruppenbildnis „Eine ungesehene Tür öffnet sich“ zusammen mit seiner Frau und dem Ehepaar Radziwill dargestellt, das auch in der Ausstellung hängt. Vergleichen Sie selbst!