Es muss eine lange Nacht gewesen sein: Der Himmel über dem Dorfkrug hellt gerade erst auf und auf der Straße sind die ersten Damen zu sehen, die ihre morgendlichen Erledigungen verrichten. Mit ihrer geraden Haltung und dem Blick aus dem Bild heraus wirken beiden Frauen fast ein wenig stocksteif, vor allem wenn man die Männer daneben sieht. Denn die Herren sind in verschiedenen Gruppen ganz mit sich selbst beschäftigt, und tragen ihren Mageninhalt auf die Straße… Selten zeigen Kunstwerke, wie sich Männer übergeben! Währenddessen springt eine Katze vom Dach, und drei Vögel richten sich teils im Sinkflug auf die Männer – die Tiere spiegeln aufgewühlte Stimmung nach der durchzechten Nacht. Auch malerisch trägt Radziwill dazu bei: Trotz des dumpfen Morgenlichts ist alles in bunte Farben getaucht. Allein das Dach der Gaststätte ist gleichzeitig rot, gelb, grün und blau.

1922 wohnte Franz Radziwill noch nicht in Dangast, aber er kannte das Dorf schon gut. In seinem großen Aquarell verortet er das Geschehen überdeutlich, indem er den Schriftzug „DORF = KRUG = DANGAST“ auf dem charakteristischen Vorbau der Gaststätte einfügt. Vor seinem Umzug nach Dangast kam Radziwill hier einmal selbst als Gast unter, später wurde Mitglied im dortigen Kegelclub.

Bei der öffentlichen Führung am Sonntag, den 5. November, ab 11:30 stellt Karl-Heinz Martinß dieses Werk als Teil der Ausstellung „ALLES AUF ANFANG. Hundert Jahre Franz Radziwill in Dangast“ näher vor.