Bild des Monats September

1941 malte Franz Radziwill das kleine Tafelbild Die Maus. Das Format des Gemäldes beträgt lediglich 15 x 23 cm. Zum alleinigen Bildthema gewählt, knabbert das kleine Nagetier genüsslich an einer Brotscheibe. Dabei bleibt offen, ob die Maus auf einem Tisch, Regalbrett oder dem Küchenboden sitzt. Verwandt ist diese Bildidee mit einem Gemälde, das Franz Radziwill in der Kunsthalle Bremen gesehen haben muss. Dort legte der Maler, die in der Hansestadt aufwuchs, schon als Jugendlicher ein Bildreservoir an, aus dem er zeitlebens schöpfen sollte. Auch nach Radzwills Übersiedlung nach Dangast blieb die Institution für ihn ein regelmäßiges Ziel, wenn er in der Hansestadt seine Familie besuchte. Immer wieder fand er in der Sälen der Kunsthalle wesentliche Anregungen. Vorbild des Ölbilds „Die Maus“ ist das ebenso kleinformatige Werk „Mäuse“ des Niederländers Jacob de Gheyn II. (1565–1629.

Dieser malte um 1600 zwei Mäuse in Öl auf Eichenholz Mit den Maßen 12 x 20 cm besitzt es ein vergleichbares Format und ist ebenso schlicht betitelt. Auch hier nagen die Tiere an einem Kanten Brot, doch als Beiwerk hat der Künstler dem Motiv noch eine abgebrannte Kerze hinzugefügt – ein tradiertes Symbol der Vergänglichkeit. Im übertragenen Sinn verweisen auch die Nager auf den „Zahn der Zeit“ und damit die verrinnende Lebenszeit des Menschen. Jacob de Gheyn II. lebte nach seinem Studium bei Hendrik Goltzius zunächst in Amsterdam, später in Leiden und schließlich in Den Haag. Er war einer der ersten Niederländer, die Stillleben und Vanitas-Motive malten. Im Jahr 1607 wurde sein Handbuch „Waffenhandlung von den Röhren, Musquetten und Spiessen herausgegeben. Es diente als illustrierte Anleitung zum Umgang mit Waffen, da der Großteil der Soldaten aus Analphabeten bestand.

Wie damals de Gheyn entschied sich Radziwill für die Ausführung des Gemäldes auf einer Holztafel. Verbunden mit seinem Studium der Alten Meister hatte er um 1930 häufig Holz als Bildträger verwendet, malte jedoch in den 1940er Jahren schon wieder vermehrt auf Leinwand. Der erneute Rückgriff auf diese Technik darf somit als direkter Bezug auf de Gheyn verstanden werde. Radziwill griff dessen Motiv während des Zweiten Weltkriegs auf – in einem Jahr, für das Adolf Hitler in seinem Aufruf zum Jahreswechsel die Vernichtung der deutschen Gegner ankündigte: „Das Jahr 1941 wird das deutsche Heer, die deutsche Marine und Luftwaffe in gewaltiger Verstärkung und in verbesserter Ausrüstung antreten sehen.

Die Maus ist eines der rund 30 Leihgaben, die aktuell im Künstlerhaus gezeigt werden.

Durch die Ausstellung führt Karl Heinz Martinß.

Termin: 5. September 2021, 11.30 Uhr

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