Am Neujahrstag lädt Karl-Heinz Martinß zur letzten öffentlichen Führung ein. Den krönenden Abschluss bildet hierbei im Rahmen unserer „Bilder des Monats“ Radziwills Gemälde Drei Brüder von 1915/19.

Das Gemälde „Drei Brüder“ spielt in einer Traumlandschaft: Drei junge Männer stehen regungslos nebeneinander. Streifen in gedeckten bunten Farben schlängeln sich durch das Bild und um die Figuren. Ganz im Hintergrund machen ein paar Bäume und zwei Häuser aus dem Farbfeld einen Raum. Seltsam fremd wirkt die Ziege, im Profil und ohne Kontext, als sei sie nur als Zeichen eingefügt. Aber auch die Männer lassen keinen Kontakt und kein Miteinander spüren. Steif wie Zinnsoldaten sind sie aufgereiht. Nur der Rechte hat seine Arme und Beine angewinkelt und blickt zur Seite. Die Augen der anderen sind starr oder leer.

Wie der Titel schon nahelegt, zeigt sich Radziwill hier mit zwei seiner Brüder. Als die drei Ältesten von sieben Geschwistern teilten Franz (*1895), Heinrich (*1896) und Hugo (*1898) viele Erlebnisse ihrer Kindheit, und vor allem mit Heinrich, der Bildhauer werden wollte, war Franz Radziwill eng verbunden. Aber Heinrich fiel im Ersten Weltkrieg und Hugo wurde in den Revolutionswirren erschossen, noch eh Franz im Oktober 1919 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. In diesem befremdlichen Bild sind sie vereint.

Im hohen Alter fand der Maler das Gemälde zufällig wieder. Da wusste er nicht mehr, ob er es vor oder nach dem Ersten Weltkrieg gemalt hatte. In jedem Fall zählt das ausdrucksstarke Bild zu den allerfrühesten Gemälden, die von Franz Radziwill erhalten sind: im Verzeichnis seiner etwa 850 Werke trägt es die Nummer 2. Mit bunten Farben und schematischen Körperformen beginnt Radziwill in diesem Bild seine expressionistische Malerei. Nichts verweist hier auf den neusachlichen Stil, zu dem er nur wenige Jahre später findet – eine dramatischer Stilwechsel, den das Franz Radziwill Haus ab März in einer eigenen Ausstellung untersucht.

Die Blattsammlung mit allen „Bildern des Monats“ dieser Ausstellung kann für 5 € im Haus erworben werden.

1.1.2023, 11:30 Uhr

Eintritt: 9,- €